1. Einführung
Metaphern waren in der romantischen und idealistischen Naturphilosophie des 19. Jahrhunderts ausgesprochen beliebt und gerade darum später, in den modernen Biowissenschaften, lange Zeit verpönt. Entsprechend lange dauerte es, bis in den vergangenen Jahrzehnten die zentrale Rolle von Metaphern als ein Instrument des Forschens und Erkennens, und oft in Übereinstimmung mit dem Konzept des Modells, auch innerhalb der Naturwissenschaften Anerkennung finden konnte. Hierzu verhalfen u.a. auch Arbeiten der Wissenschaftstheorie wie die von Thomas Kuhn. Diese Anerkennung des heuristischen und epistemologischen Werts der Metapher als erkenntnistheoretischem Werkzeug der Forschung ermöglicht heute einen gemeinsamen Diskurs zwischen Linguistik, Wissenschaftsgeschichte oder
-theorie und biologischen Feldern wie der Genetik und Genomik. Sie erleichtert entsprechend auch die interdisziplinäre Kommunikation über die zentrale Rolle der Metaphern ‚Code’ und ‚Text’ für den Erkenntnisgewinn in Genetik und Genomik. Gemeint sind damit die Genetik als die Wissenschaft von den Genen, und Genomik dagegen als die Wissenschaft, die erst seit den 1990ern technisch möglich wurde und sich mit dem Genom ganzer Organismen, also der Summe ihrer Gene befasst.
Allerdings besteht in weiten Bereichen der Metapherntheorie in Philosophie, Science and Technology Studies, Psychologie und den Naturwissenschaften der Konsens, dass Metaphern eine herausragende epistemologische und intersubjektiv vermittelnde Rolle nicht nur innerhalb der Naturwissenschaften, besonders in der Didaktik, spielen (s. Maasen & Weingart 2000, Lakoff & Núñez 2000, Keller 1995, Hesse 1966, Gentner & Grudin 1985:181-192, Gentner & Jeziorski 1993:447-480, Cooke & Bartha 1992:215-235), sondern dass sie auch für die Vermittlung naturwissenschaftlich-medizinischer Inhalte an eine breite Öffentlichkeit bedeutsam sind (Pramling & Säljö 2007:275-295). Als ein wesentliches Werkzeug der Kommunikation (Johnson 2008:39-52) spielen Metaphern in Publikumsmedien eine herausragende Rolle, wenn es z.B. darum geht, durch Erklären und sprachliches Modellieren Laien eine nur schwer erfahrbare, abstrakte oder durch ihre Komplexität schwer zu erklärende Technologie näher zu bringen (Semino 2008, Herrmann 2013).
Eine solche Funktion kann auch der ‚Genom als Text’-Metapher unterstellt werden, die zugleich, und historisch erwiesen, von großem epistemischem Nutzen innerhalb der Forschungsdisziplinen der Molekularbiologie und Genetik sowie den heute daraus entwickelten Bereichen Genomik, Systembiologie, Synthetische Biologie und vielen anderen war und ist. Die ‚Genom als Text’-Metapher wurde damit zu einer Hintergrundmetapher, eine Metapher also, die die Leitvorstellungen der Disziplin ausmachte und maßgeblich für die Theorieentwicklung des entsprechenden Forschungsfeldes zuständig war (Blumenberg 1998).[1] Aus denselben Gründen, aus denen die ‚Genom als Text’-Metapher als epistemisch produktiv erachtet wurde, erschien sie später jedoch auch als Hemmnis in der Genetik: Der Text wurde als eineindeutig, stabil und nur unidirektional lesbar erachtet, was neuen Forschungsfeldern, wie etwa der Epigenetik und Systemtheorie in der Vererbungsforschung zum Nachteil geriet, die die Flexibilität des Genoms in seiner Interaktion mit der Umwelt modellieren.
Obwohl die ‚Genom als Text’-Metapher sowohl in Lehrbüchern der genetischen Disziplinen als auch in den Populärmedien ausgesprochen gängig ist (s. Hellsten 2005:283-297, Paton 1997:1-15, Martin & Ogborn 1997:47-63, Nelkin & Lindee 1995), spiegelt sich dies nicht in gleicher Weise in metaphernanalytischen Fachtexten wieder. Der Prominenz dieser Metapher versucht der vorliegende Beitrag gerecht werden, indem er eine kulturwissenschaftlich geprägte Lektüre früherer Analysen des metaphorischen Gebrauchs von Code und Text im Feld der Genetik und Genomik sowie der Reproduktionstechnologien betreibt. In Hinblick auf die zu Grunde gelegte Metapherntheorie liegt der Schwerpunkt auf rezenteren Ansätzen sowie auf eigenem Sprachmaterial, aus dem sich die folgende Forschungsfrage ergibt: Was geschieht in Hinsicht auf das Auftreten von Metaphern, wenn die bio-medizinisch-technologischen Felder Genetik und Genomik und die Reproduktionswissenschaften zusammentreffen?
Der Fokus der Untersuchung liegt auf der genaueren Beschreibung, um welche Art von ‚Text’ es sich bei dieser Metapher handelt: ist es ein Text, dessen Sinn objektiv allein aus der Reihenfolge der Buchstaben und Begriffe gegeben ist, oder ist es beispielsweise einer, dessen Bedeutung interaktiv durch die Lektüre generiert wird? Nachdem Texte inzwischen zumeist digital erstellt und bearbeitet werden, stellt sich zusätzlich die Frage, ob der gemeinte ‚Text’ eine hypertextuelle informationstechnische Funktion verfolgt. Dies legen, anders als Metaphernanalysen zur Genetik, Studien über das Metaphernfeld ‚Genom als Code’ nahe. Insofern wäre zu erwarten, dass sich der Schritt der wissenschaftlichen Forschung von der Genetik zur Genomik in einer veränderten Metaphernverwendung spiegelt: Lange ging die Genetik davon aus, dass Gene in der DNA-Kette linear gereiht sind und dass sie unidirektional in Proteine übersetzt würden. Im Laufe der Jahrzehnte wurde dieses molekularbiologisch geprägte Wissen der 1960er bis ’80er Jahre durch die Kenntnis von Feedbackprozessen komplexer. Demnach laufen solche Prozesse zwischen Proteinen und DNA sowie innerhalb der DNA selbst ab und werden teilweise durch weit entfernte Umweltfaktoren gesteuert. Das Humangenom-Projekt zeigte, dass diese Prozesse so weitreichend sind, dass das reine Darstellen des Genoms in seiner DNA-Sequenz wenig aussagt. Mit der Genomik, die die DNA eines Organismus in seiner Gesamtheit betrachtet, wurde das Komplexitätsniveau erhöht, indem zumindest die Interaktionen innerhalb des Genoms und seines Lebenszyklus mit in die Analyse einbezogen werden konnten. Mit technischen Neuerungen wie massive data, der Verarbeitung von großen Datenmengen etwa durch parallel computing, die schließlich aus herkömmlichen Nasslaboren regelrechte mit Robotik integrierte Computerarbeitsplätze machen (die heutigen sogenannten dry labs), steigerte sich die bearbeitbare und zu bearbeitende Komplexität in vielen biologischen Feldern (Nowotny & Testa 2010, Merz 2006). Erwartbar wäre es also, dass sich diese gesteigerte Komplexität in einer veränderten Metaphernwahl im Überschneidungsfeld von Genetik, Genomik und Reproduktionsmedizin in den öffentlichen Printmedien abbildet.
Ausgehend von diesen Überlegungen gilt der vorliegende Beitrag der Untersuchung von Metaphern, die in journalistischen Gastbeiträgen von Naturwissenschaftlern aus den Gebieten der reproduktiven Biologie und Medizin verfasst wurden.[2] Empirischer Gegenstand ist ein internationaler Expertendiskurs innerhalb der deutschen Qualitätsmedien zu einem spezifischen historischen Zeitpunkt: Nachdem in Deutschland stets eine restriktive Haltung gegenüber Reproduktionstechnologien galt, die auch anhand der Medienberichterstattung ablesbar war, schien Ende der 1990er Jahre ein bio-politischer Wandel in Deutschland zumindest nach einigen deutschen Medien möglich. Um das Jahr 2000 herum, nachdem die deutsche Bundesregierung den Wechsel von der Christlichen Demokratischen Union zur Sozialdemokratie neuer Fassung vollzog, versuchte diese neue Regierung Deutschland als einen idealen Standort für biotechnologische Forschung und Industrie auszuweisen. In den Texten trifft also die internationale, hauptsächlich angelsächsische Wissenschaftskultur auf den damals zumeist kritisch biopolitischen Diskurs zu Reproduktionstechnologien in Deutschland.
Grundsätzlich geben diese analysierten Texte, auch durch die verwendeten Metaphern, einen Einblick in technikeuphorische Utopien und Zukunftsvisionen, die wie in der Neuzeit einen Aufbruch in eine neue Welt suggerieren. Dies zeigt sich immer wieder im Gebrauch der Metapher der „Wende“ (Silver 1998:144): So spricht man z.B. davon, dass ein „Übergang markiert“ werde, ein „Übergang“ (Reich 2000:206) in eine andere Welt, der zu einer „Revolution“ führe (Stock 2000a:125, Reich 2000:204). Neue reproduktionsgenetische Wissenschaft wird also als ein Weg in diese neue Welt beschrieben, für den es sich zu entscheiden gilt. Während diese Reisemetapher an anderer Stelle genauer ausgeführt wird (Bock von Wülfingen 2017), geht es im Folgenden um eine Diskussion der vielfach auftauchenden Bezüge zum Metaphernfeld des Textes und des Buches der Natur, das eine konzeptionelle Grundlage für die Vorstellung bereitstellt, das Genom sicher und problemlos handhaben zu können.
Nach einer metapherntheoretischen Einführung in das Material (unter ‚Theorie und Methodik der Metapher’ im Folgenden), zeigt der erste Teil des Beitrags, dass trotz des Zusammentreffens von Genetik und Genomik mit dem Bereich der Reproduktionstechnologie das Genom eher traditionell mit Metaphern der Genetik beschrieben wird. So findet sich zum Beispiel die Metapher des Codes. Dieser Code erscheint statisch und eineindeutig statt, wie mit der Entwicklung der Genomik zu erwarten wäre, als komplex und interaktiv mit seiner Umwelt verflochtener Code. Darauf aufbauend diskutiert der anschließende Teil die Geschichte der ‚Genom als Buch der Natur’-Metapher im Kontext der Frage nach der Funktionalität der Metaphern in den untersuchten Medientexten. Der letzte Teil führt die Ergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick.
2. Theorie und Methodik der Metapher
Metaphern werden oft in Bereichen verwendet, in denen schwierige Bedingungen des Sinnverstehens oder der Bedeutungszuweisung herrschen (Schmitt 2003). Sie sind in der Kommunikation zwischen Fachleuten und Laien vermehrt anzutreffen und fester Bestandteil in der Vermittlung von naturwissenschaftlichem Wissen in Publikumsmedien. Da es sich im vorliegenden Beitrag um solche Texte handelt, folgt der hier veranschlagte Metaphernbegriff Weinrichs breitem Konzept der Metapher (Weinrich 1980:1179-1186). Dieses Konzept weist insofern analytische Schnittmengen mit dem Metaphernbegriff Lakoffs und Johnsons (1980) auf, als dass Weinrich die Metapher als steten Bestandteil des kollektiven Gedächtnis versteht, der das gesellschaftliche Miteinander der Bildfeldgemeinschaft strukturierend gestaltet. Methodisch basiert meine Arbeitsweise auf der Systematischen Metaphernanalyse (Schmitt 2003), die die Ergebnisse der kognitiven Linguistik kalifornischer Prägung (Lakoff & Johnson 1980) nutzt und mit der Methodik einer systematischen Rekonstruktion von metaphorischen Mustern verknüpft. Ziel dieses systematischen Ansatzes ist es, den funktionalen Gehalt einer Metaphorik aus der Sicht derjenigen, die den Text produzieren, zu ermitteln (Schmitt 2003). Sowohl Blumenberg (1960) als auch Lakoff und Johnson (1980) vertreten die Ansicht, dass Metaphern weder zufällig noch ohne Effekt sind, sondern dass sie das soziale Miteinander strukturieren und sogar “orientation for our future actions” bereitstellen (Lakoff & Johnson 1999:179). Allerdings wird seit einigen Jahren vermehrt und weit expliziter auf die Funktionalität von Metaphern aufmerksam gemacht (z.B. Goatly 1997, Cameron 2003, Koller 2003:115-134, 2004, Semino 2008, Herrmann 2013, Steen 2010:43-63). Dabei werden verschiedene Funktionen unterschieden: In ihrer ideationalen Funktion (Halliday 1973,1978) verhilft Sprache dazu, Erfahrung auf eine Weise zu repräsentieren, die sich aus einer bestimmten Perspektive ergibt und somit ‚Realität‘ (re-)konstruiert, während die textuelle Funktion im Sinne Weinrichs (1980:1179-1186) die Kohärenz des Textes in den Mittelpunkt stellt. Für den hier analysierten Gegenstand sind vornehmlich der ideationale und der interpersonelle Charakter von Metaphern relevant, da sich im (metaphorischen) Text ein "actualized meaning potential" (Halliday 1978:109) verbirgt. Dies entspricht, so Koller (2003), Lakoffs und Johnsons Beschreibung, nach der Metaphern einen hervorhebenden ebenso wie unsichtbar machenden Effekt hätten, da beim metaphorical mapping nur manche Charakteristika des Quellbereichs betont werden, während andere nicht sichtbar werden.
Als interpersonelles Mittel ist die Metapher allerdings ein über den einzelnen Sprechakt oder Text sehr weit hinausreichender Bestandteil eines Diskurses. Insofern stellt sich die Frage nach einer weiteren Unterscheidung innerhalb der Funktionalität von Metaphern, nämlich zwischen bewussten (deliberate) und nicht-bewussten (non-deliberate) Metaphern. Von Medientexten, die die Nutzung von reproduktionsgenetischen Techniken propagieren, wäre eine zielgerichtete und bewusste Metaphernwahl zu erwarten. Aus diesem Grund werde ich kurz erläutern müssen, warum eine solche bewusste Metaphernverwendung den vorliegend analysierten Texten nicht eindeutig unterstellt werden kann. Der Begriff der „deliberate metaphor“ gilt als von Goatly (1997) eingeführt. Bewusste Metaphern werden nach Steen (2010:43-63) dann eingesetzt, wenn es darum geht, in den Adressierten einen Meinungs- oder Perspektivwandel zu einem behandelten Thema zu erzeugen oder zu bewirken, damit sie sich das Thema aus dieser anderen Perspektive erschließen. Typisch hierfür sind Vergleiche (Steen 2010:43). Allerdings sind Metaphern nur in wenigen Fällen als bewusst eingesetzte und eindeutige Strukturen zu erkennen: So z.B. im Fall von neuen Metaphern sowie im Fall von direkten Metaphern (Steen 2010:59ff), die allerdings nur einen sehr geringen Anteil ausmachen und eher selten anzutreffen sind. Dies trifft insbesondere zu, wenn wir annehmen, dass (wie im vorliegenden Fall) explizit eingeladene Expertentexte in Publikumsmedien (die nicht dem journalistischen Ethos der Distanzwahrung unterliegen) besonders geneigt sind, eine besondere Funktion innezuhaben und spezifische Ziele zu verfolgen: ein bewusster Metapherngebrauch kann also unterstellt werden. Gerade bei den ‚Genom als Text’-Metaphern haben wir es jedoch mit Metaphern zu tun, die sowohl innerwissenschaftlich, wie auch in Populärmedien hochgradig konventionalisiert sind. ‚Bewusst’ wäre eher der Verzicht auf ihren Einsatz, zumal sich die Deutung eines bewussten Metapherngebrauchs dadurch erschwert, dass im Journalismus eine Vielzahl verschiedener Personen und Produktionsprozesse an einem Text bis hin zu dessen Publikation mitwirken. Zusätzlich – und das ist ein wichtiges Detail – wurde in den meisten Fällen Interview- oder Essaytext aus dem Englischen ins Deutsche übersetzt, so dass trotz eines in vielen Fällen geteilten Bildfeldes übersetzungsbezogene Inkongruenzen nicht komplett vermieden werden konnten. Daher wird es im Folgenden eher um den kollektivsymbolischen und historisch vermittelten Hintergrund der aufgefundenen Metaphorik gehen, der auf die interpersonelle Funktion der Metaphern abhebt.
Das wesentliche Kriterium für die Beschreibung einer Metapher ist im Folgenden das „cross domain mapping“ (Steen 2010:49) bzw. der „semantic transfer“ (Cameron 2003:59f). Daraus ergibt sich für die vorliegende Analyse, dass das als Metapher verstanden wird, das mehr als nur wörtliche (direkte) Bedeutung hat und einem prägnanten Quellbereich entstammt, jedoch in einen anderen (oft abstrakten) Zielbereich übertragen wird (Schmitt 2003).
Der erste methodische Arbeitsschritt bestand in der Definition des Zielbereichs der Reproduktionstechnologie (für die spätere Textsuche wurde dieser eingegrenzt auf Reproduktionstechnologie am Menschen in der Verschränkung von Gentechnologie und In-Vitro-Fertilisation, sowie der Humanklonierung). „Reproduktionstechnologie“, „Zeugung“ und „Genetik“ wurden also als Zielbereich bestimmt, in dem in einem weiteren Schritt eine nicht-systematische, jedoch breit angelegte Sammlung von Hintergrundmetaphern vorgenommen wurde, indem der Metapherngebrauch in Journals der Fachwissenschaften, in Lexika und in Lehrbüchern untersucht wurde. In einem close reading wurden Metaphern notiert und analysiert, so dass der Horizont der zu erwartenden metaphorischen Modelle abgesteckt werden konnte. Diese Vorgehensweise ermöglichte es, solche Metaphern, deren Gebrauch als technische Termini oder zur Verständlichmachung üblich ist, von solchen zu unterscheiden, die zusätzlich hinzutraten und eine besondere Funktion innehatten. Durch diese Vorgehensweise erfolgte eine analytische Schärfung, mit der die Auswahl der eigentlichen Texte für die Analyse zwischen 1995-2003 erfolgte. Die Auswahl dieser Zeitspanne basiert auf dem Hinweis Graumanns (2002: 212-243), dass die Ethikdebatte um Humanbiotechnologie für Reproduktion, speziell zu Klonierung, in Deutschland um 1997 mit der Geburt des Klonschafs Dolly begann und seit Beginn der 2000er Jahre deutlich abnahm.
Medial betrachtet liegt dem Beitrag eine Makroanalyse zu Grunde, die durch die 1995 einsetzende Analyse populärwissenschaftlicher Werke zur Zukunft der menschlichen Fortpflanzung, und derer von Berichten politischer Gremien zu den Auseinandersetzungen um die Rechtslage zu neuen Gen- und Reproduktionstechnologien und durch die Erfassung bestimmter Medienartikel methodisch umfassend kontextualisiert wurde. Hierfür wurden sogenannte Qualitätsmedien untersucht, genauer, Magazine und Zeitungen mit hoher Auflage wie z. B. die Frankfurter Rundschau, die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der Stern, Die Zeit sowie die Süddeutsche Zeitung, der Focus und Der Spiegel (Informationsgemeinschaft zur Verbreitung von Werbeträgern 2000). Ergänzt wurde diese Datengrundlage um die meistverkauften deutschen populärwissenschaftlichen Zeitschriften Geo und Spektrum der Wissenschaften, sowie vereinzelte Funde im feministischen Journal EMMA und der Philosophiezeitschrift Ethica. In diesem Medienkorpus fanden sich ca. 1000 Medienartikel zwischen 1995–2003, die die Stichwörter Klonierung, Laborreproduktion, In-Vitro-Fertilisation oder Genetische Diagnose sowie Präimplantationsdiagnostik enthielten. Nach einer genauen Durchsicht ergab sich ein Korpus von 35 für die Fragestellung relevanten Artikeln (ca. 300.000 Wörter umfassend), das einer Mikroanalyse unterzogen wurde. Hierzu gehörte nach der ersten Texterfassung, neben der Analyse inhärenter Handlungsschemata (Schütze et al. 1993) und Problematisierungen (im Zuge der Diskursanalyse), die Herausarbeitung sämtlicher Metaphern mit ihren jeweiligen textlichen Umfeldern, ihre systematische Listung, Trennung in erwartbare und unerwartete Metaphern und ihre Unterteilung nach verschiedenen Bildfeldern sowie die Analyse.
3. Analyse
3.1 Buchtext oder Computercode?
Erwartungsgemäß gibt es in den von mir untersuchten Texten zahlreiche Hintergrundmetaphern, die, wie dargestellt, für Leitvorstellungen und Theorieentwicklung einer Disziplin maßgeblich sind. Die Beschreibung der Zusammenführung von Gen- und Reproduktionstechnologien (nach deren Effekten eingangs im vorliegenden Text gefragt wurde), bildet sich in den verwendeten Metaphern zunächst insofern ab, als dass Metaphern der Genetik und Genomik gemeinsam mit solchen auftreten, die typisch für den Kontext der Reproduktionstechnologie sind. Um einen Eindruck vom Feld der Reproduktionstechnologie zu geben, seien nur die Metaphern genannt, die am häufigsten auftauchen[3] und sehr plastisch sind: Sie lassen sich botanischen Zusammenhängen zuordnen und stellen oft konventionalisierte Metaphern oder lexikalisierte Technikbegriffe dar. Hierzu gehören z.B. solche aus dem Bereich der Frucht, die den Embryo oder Fötus erfassen, wie „Einpflanzungschance eines ausgewählten Embryos“ (Diedrich 2003:42), „in die Gebärmutter […] einpflanzen“ (Wilmut 1997:220, s. a. Reich 2000:206), „Fruchtwasser […]“ (Katzorke 2003:149, Djerassi 2000:212), „Fortpflanzung“ (Hughes 2000, Katzorke 2003:149, Reich 2000:204, 206; Silver 1998:145, Stock 1998, Stock 2000b:192), „Befruchtung“ (Antinori 2001:208, Baker 1999:163, Diedrich 2003:42 u.v.w.), „superintelligenten Sprössling“ (Hughes 2000) bis hin zur „Keimbahn“[…] (Hughes 2000, Silver 2000:146, Stock 2000b:190ff.; Stock 2000a:123), „Familienstammbäume“ (Green 1999:65) und „Eier“ (Stock 2000a:123). Auch Wörter wie „abstammen“ (Solter 2002:23), „Stammzellen“ (Rosenthal 2001:92, Solter 2002:23) und „Stammzellen […] kultivieren“ (Solter 2002:23) sind dem Bildfeld der Botanik zuzuordnen.
Andererseits enthalten diese oft im Stil des Science Fiction verfassten utopischen Zukunftsbeschreibungen der Möglichkeiten, die die Verschränkung von Gen- und Reproduktionstechnologien bietet, Darstellungen von Genen, die zunächst nicht den Eindruck einer Metapher erweckten. Gene erscheinen vielmehr als materielle Entitäten, die eindeutige Wirkungen verursachen (also eindeutig ‚transkribiert’ und gelesen werden), die durch die Verschränkung von Gen- und Reproduktionstechnologien beseitigt werden können: So gibt es die „Krankheitsgene“ (Green 1999:64), die „Risikogene“ (ebd.) und die „Verhaltensgene“ (ebd.). Es gibt diverse „Gendefekte“ (Hamer 2002:29, Wilmut 2002:41), die darüber entscheiden, ob ein „Embryo genetisch intakt“ (Katzorke 2003:149) oder „schadhaft“ (ebd.) sei oder „defekte Gene“ (Green 1999:64). Entsprechend der eindeutigen Zuschreibungen, mit denen sich die Aktivitäten von Genen beschreiben lassen, lässt sich ebenfalls viel mit diesen klar umrissenen materiellen Entitäten (Lakoff & Johnson 1980: 23),[4] den Genen, tun, in denen womöglich „unangenehme Überraschungen […] lauern“ (Hamer 2002:26). Man kann dank ihrer – diesem Verständnis nach – materiellen Verfasstheit „Gene mitgeben“ (Silver 1998:144), „genetische Impfstoffe“ (Silver 2000:147) herstellen und zu „genetischer Verbesserung“ (ebd.) beitragen, da der „genetische Eingriff“ (Stock 1998) möglich sei. Auch könne man die „Passfähigkeit der Genome beider Partner [prüfen]“ (Reich 2000:206) und dann die „genetische Ausstattung [des zukünftigen Kindes] kontrollieren“ (Silver 1998:144) und eine „kranke Genversion“ (Rosenthal 2001:92) durch „Gentherapie: Korrektur […] von fehlerhaften Gensequenzen“ (Green 1999:64) beseitigen. Unterstrichen wird die Materialität des Gens in den vorliegenden Texten, wenn das Gen personifiziert wird: So sind Gene „verantwortlich“ (Hamer 2002:26) und „codieren“ (ebd.:27), genauer, sie „codieren […] für Enzyme“ (ebd.) und sind „kluge Gene“ (Hamer 2002:27).
Die Zitate zeigen, dass Gene als materiell fassbare in sich geschlossene und konkrete Gegenstände behandelt werden, die man ‚übergeben’ kann oder die ‚krank’ sein können, wie ein Organismus. Solche Beschreibungen sind inkonsistent mit dem Konzept des Gens, wie es ursprünglich eingeführt wurde. Gemeint war ein Faktor, der zwischen Anlage und phänotypischer Erscheinung vermittelt, dessen Auswirkungen von vielfältigen weiteren Faktoren abhängen und dessen mögliche Materialität gerade in dem Moment zum Vorteil der weiteren Studie einer rein statistischen Kopplung ausgeblendet werden sollte. Bedeutet dagegen die Verwendung des Gens als konkreter Gegenstand dann, dass das Gen als Metapher verwendet wird? Die Wissenschaftshistorikern Lily Kay schlägt genau dies vor, den Gebrauch des Terminus des Gens selbst als metaphorischen Gebrauch zu verstehen (Kay 2000b:134-152). Denn begriffshistorisch, so führt sie aus, sei der Begriff des ‚Gens‘ eingeführt worden, bevor eine chemische Substanz, die dem entsprechen könnte, bekannt war. Das Gen ist also ursprünglich keine Bezeichnung für einen DNA-Abschnitt, wie dieser Terminus später vereinfachend – aber damit auch missverständlich – verwendet wurde. Stattdessen hatte der Biologe Wilhelm Johannsen den Begriff in die Vererbungsforschung 1913 eingeführt als einen hypothetischen Begriff für eine mathematisch mit dem Phän, also ebenfalls nach Johannsen der entsprechenden körperlichen Erscheinung, etwa ‚blaue Augen’, gekoppelte Entität. Es sollte so eine Bezeichnung einer ‚genotypischen‘ Grundlage für ein ‚phänotypisch‘ ausgeprägtes Merkmal geben. Das Gen als heuristisches mathematisches Hilfsmittel verstehend, war für Johannsen nicht die entscheidende Frage, ob und welche materielle Grundlage ein ‚Gen’ besäße. Bereits seit Johannsens Einführung kann das Gen als terminus technicus gelten, der sofort umfassend in der Vererbungsforschung genutzt wurde und nicht mehr wegzudenken war.
Abgeleitet war Johannsens Genbegriff von der von Darwin neugeschöpften Bezeichnung der Pangene, der etymologisch aus dem Griechischen ‚gignesthei’ entwickelt wurde (entstehen, generieren im Sinne von zeugen oder reproduzieren). Das Denkmodell Johannsens, wonach Gene und Phäne in ein rechnerisches Verhältnis zueinander gesetzt werden könnten (Johannsen 1903, 1913), wurde in der klassischen Genetik weiterentwickelt und schließlich als eine monokausale 1:1-Kopplung von Ursache (Gen) und Wirkung (Phän) verstanden. Indem schließlich in der Molekularbiologie das Gen als ein Abschnitt des Chromosoms von der chemischen Substanz Desoxyribonucleinsäure (auf Englisch –acid, daher DNA) vereindeutigt wurde, wurde, so Kay (2002b), ein Begriff aus einem früheren Gebrauch in einen neuen Bezug gesetzt. Insofern sei der Terminus des Gens als eine Metapher zu verstehen.
Damit allerdings verwendet Lily Kay ein anderes Konzept der Metapher, als es in der vorliegenden Diskussion weiter oben eingeführt wurde. Im obigen Theorie- und Methodenteil beschrieb ich eine Metapher als einen Begriff, der lange in einem bestimmten Kontext gesellschaftlich etabliert war, bevor er auf einen anderen Kontext übertragen wurde. Das Gen allerdings ist eine Wortneuschöpfung, und hat also mit der Metapher nicht gemein, aus einem lange kulturell und sprachlich etablierten Bildfeld zu entstammen, bevor es auf den Bereich der konkreten Chemie, auf die DNA, angewandt wurde. Dennoch verweist zumindest die von Kay vorgenommene Problematisierung dieser – für die vorliegende Diskussion grundlegenden und allgegenwärtigen – Begriffsverwendung auf ein Phänomen, das der Begriff Gen mit den im Folgenden diskutieren Metaphern teilt: Kay macht darauf aufmerksam, dass die vereindeutigende Gleichsetzung des Begriffs Gen mit (zumal bestimmten Abschnitten von) der DNA im Zuge späterer Forschungsergebnisse der Genomik problematisch wurde und dass dieses vereindeutigende Konzept aus der Genforschung selbst verabschiedet worden sei (Kay 2000b, s.a. Keller 2001). In den hier vorliegenden Texten jedoch wird eben dieses Verständnis der eindeutigen und unbedingt ursächlichen Koppelung eines Gens mit einem spezifischen Merkmal weitgehend evoziert und fortgesetzt.
Zusätzlich zu den oben genannten Metaphern aus dem Bildfeld der Botanik und der ‚Frucht‘ sind ebenfalls Sprachbilder für die analysierten populärwissenschaftlichen Texte charakteristisch, die mit dem Thema der Verschränkung von Gen- und Reproduktionstechnologien nahe liegender Weise Metaphern aus dem Bereich der Kybernetik aufweisen. Ihnen stehen jedoch weiterhin bekannte Metaphern wie ‚Buch‘ oder ‚Textbaustein‘ unterstützend zur Seite, mit denen das Gen und das Genom konzeptualisiert werden.
Auch wenn Gene nicht als materielle Entitäten, sondern als Symbole verstanden werden, indem sie im Bildfeld eines informationellen Codes als dessen Bestandteile beschrieben werden, wird ihre einfache Handhabbarkeit suggeriert, die den heutigen Kenntnissen der Komplexität der Gen-Umwelt-Wirkungen widerspricht. Nur unter der Voraussetzung des oben beschriebenen ‚Gens als eindeutiger Information‘, erscheinen Änderungen daran möglich und sinnvoll. So gibt es „genetische Daten“ (Rosenthal 2001:84), die „genetische Information“ (ebd.) werden können, was uns zur „genetische[n] Neugestaltung unserer eigenen Erbinformation“ (Stock 1998) anregen sollte. Es handelt sich um genetische „Nachrichten“ (Hamer 2002:28) und entsprechende „Proteine, die solche Nachrichten auswerten“ (ebd). In der Hoffnung auf die „genetische Neugestaltung der Erbinformation“ (Stock 1998) gab es zunächst ein „Rennen, diese Information zu interpretieren“ (Stock 2000a:123) und so wurde das menschliche „Genom entschlüsselt“ (Stock 2000a:123). Die Biologie habe ihren ursprünglichen Gegenstand verändert und sei zur „Informationswissenschaft“ (Rosenthal 2001:84) geworden.
Die Verwendung von Begriffen aus dem Metaphernfeld ‚Information‘, durch das Wort Information selbst in „genetische Information“, „Erbinformation“ oder „Informationswissenschaft“, ebenso wie durch den Bezug auf „Daten“ und das Verb „entschlüsseln“, hatte bereits mit dem Humangenom-Projekt breiten Einzug in die öffentlichen Medien erhalten (Hedgecoe 1999, Weigmann 2004). Sowohl Lily Kay als auch die Wissenschaftshistorikerin Evelyn Fox Keller verweisen auf den Ursprung des Begriffs der Information in der Verwendung des Begriffs Code für die DNA durch Erwin Schrödinger als aus dem politischen und wissenschaftlichen Kontext des Zweiten Weltkriegs stammend. Diesem Metapherngebrauch folgend, so Keller dazu, gibt es einen verschlüsselten Text, der ohne Erlaubnis bzw. ohne Schlüssel entziffert wird: Eine geheime, auf ein Ziel und einen Zweck ausgerichtete Nachricht, die nicht für Menschen selbst bestimmt war und nun von ihnen abgefangen und dekodierbar gemacht wird (Keller 1995). Keller, insbesondere aber auch Lily Kay (Kay 2000a, s.a. Trallori 1996), zeigten die zirkulären Wege auf, die Konzepte der frühen Kybernetik in den 1940er Jahren in die Biologie nahmen (s.a. Syed, Bölker & Gutmann 2008), um von dort in die Kybernetik zurückzukehren und später wieder neuere Forschungsfelder der Biologie maßgeblich zu prägen (z.B. die Proteomik, die Systembiologie oder auch die Synthetische Biologie).
Die Idee, die Funktionsweise von Genen als informationstragenden Code metaphorisch zu deuten, ist allerdings in der Biologie weit älter: Dies zeigt das weniger bekannte Zitat des Zoologen Valentin Haecker von 1914, das auf der Verständigung mit unterschiedlich kombinierbaren Seezeichen als Metapher für die Umsetzung des Genetischen in phänotypische Erscheinungen beruht:
„Im Signal- und Chiffreverkehr, z.B. bei dem an der See gebräuchlichen Wettersignaldienst, ist es möglich, mittels einer verhältnismäßig geringen Zahl von Zeichen sich zu verständigen, da die Zahl der in Betracht kommenden Mitteilungen eine begrenzte und jede einzelne im Schlüssel des Empfängers vorgemerkt ist. Ebenso wird auch die somatische Induktion, d.h. die Signalisierung zwischen Soma und Keimzellen eine wesentlich einfachere sein, [...] wenn die äußeren Reize im Soma nur eine spezifisch begrenzte Zahl von Reaktionen hervorzurufen vermögen, für welche in den Keimzellen je eine latente Potenz gewissermaßen bereitliegt.“ (Haecker 1914:59f.)
Information wiederum ist sowohl in der Metapher des ‚Buchtextes‘ wie in ‚Computercodes‘ repräsentiert. Insofern ist in der Metapher ‚Gen als Information‘ der Bezug zur Kybernetik nicht deutlicher als jener zum Text (vgl. Latour 1998). Besonders deutlich wird diese Ambivalenz zwischen den Bildspendern Programm und Buchtext in einem Zitat von Rosenthal:
„Wir haben nun das genetische Material des Menschen aus dem Kern der Zelle herausgeholt, transparent und somit lesbar gemacht und ins Internet gestellt. Biologie, Informatik und Internet gehen hiermit eine neue Symbiose ein. Dieser Prozess ist keineswegs abgeschlossen. Wir verfügen jetzt über eine einzigartige, schier unüberschaubare Datenbank aus vier verschiedenen Buchstaben: einen Text aus drei Milliarden As, Gs, Cs und Ts. Syntax und Grammatik sind noch weitgehend unbekannt.“ (Rosenthal 2001:91)
Gerade um „Syntax und Grammatik“ geht es allerdings der Genomik und allen weiterführenden Disziplinen wie der Systembiologie, die seit Ende der 1990er Jahre an den komplexen Beziehungen innerhalb des Genoms, zwischen Genom und Körperzelle, Gewebe, Körper und Umwelt arbeiten. Für auffällig halte ich hier, dass statt ‚Zeichen‘ die Metapher „Buchstabe“ und statt ‚Programm‘ oder ‚Skript‘ der Begriff „Text“ gewählt wurde. Allemal offensichtlich wird die voranschreitende Technologieentwicklung in der massiv informationstechnisch unterstützten biologischen Praxis (Nowotny & Testa 2010, Merz 2006), mit der eine mediale Verschiebung einhergeht.
Generell betrachtet wird in Metaphernanalysen von Texten zur Genomforschung neben der expliziten Metapher des ‚(Computer-)Programms‘ die Metapher des ‚Codes‘ (‚Code knacken‘, ‚kodieren‘, ‚Barcode‘) als häufig genannt, die dem Bildfeld des Computers angehört (Nerlich, Dingwall & Clarke 2002:456, Döring 2005).[5] Metaphern aus dem Feld des Textes (‚Text‘, ‚Buch‘) scheinen sich nach diesen Studien mit jenen aus dem Feld der Informatik die Waage zu halten. In den für diesen Beitrag analysierten Texten hingegen wird ein möglicher kybernetischer Bezug an zwei weiteren Stellen eindeutig hergestellt. Einmal wenn es heißt, dass unter gewissen Bedingungen „[d]as genetische Programm nicht mehr makellos funktionieren“ (Rosenthal 2001:93) könne, und man andererseits „den eingebrachten Zellkern reprogrammieren“ (Wilmut 2002:39) könne.[6] Auch die Feststellung, Gene würden „codieren“ (Hamer 2002:27), lässt sich zumindest implizit und kontextabhängig betrachtet als kybernetische Metapher lesen. Deutlich wird anhand der Befunde jedoch auch, dass trotz vielfältiger Innovationen und Entwicklungen in der Computerindustrie und Informationstechnologie und -forschung, in den von mir untersuchten Texten Metaphern aus der Computerwelt nicht signifikant häufiger auftreten als jene aus dem Feld der Lektüre, des Buches und des Textes. In ‚reprogrammieren‘ steckt ein einziges Mal ein Hinweis auf Computerprogramme, die Metapher der ‚Information‘ wird fünfmal bemüht, ‚entschlüsseln‘ einmal. Die von Nerlich, Dingwall und Clarke (2002:456) als typisch veranschlagten Metaphern zur Genomik (‚Code‘ oder ‚codieren‘), zeigten sich entgegen der Erwartung mit lediglich drei Nennungen, während der Begriff Code selbst nicht einmal auftaucht.
Zusammenfassend, die im Folgenden detailliert dargestellten Ergebnisse vorausschickend, lässt sich sagen, dass die Texte deutlich von Beschreibungen der Reproduktionsverfahren in den allgegenwärtigen Metaphern der Botanik und der Frucht dominiert werden. Metaphern überhaupt für Gene und das Genom sind vergleichsweise weniger häufig anzutreffen, selbst wenn die Texte häufig von der Verbesserung oder Optimierung der genetischen Ausstattung des Kindes oder dessen Klonierung sprechen. Diese Metaphern für Gene und das Genom wiederum können fast ausschließlich dem Feld der Lektüre zugerechnet werden, die mit zwanzig Nennungen an Zahl überwiegen. Bei den Metaphern aus dem Feld der Lektüre handelt es sich um die Sprachbilder aus dem Feld des gedruckten Textes und Buches, die seit den späten 1940er Jahren in die frühe molekularbiologische Genetik Einzug hielten und im Verlauf der weiteren Entwicklung zu Hintergrundmetaphern und lexikalisierten termini technici wurden. Zusätzlich wird anstelle des ‚Codes‘ eine andere lesbare Anleitung, nämlich der ‚genetische Bauplan‘, gleich achtmal angeführt.
3.2 Lesen im Buch der Natur
Die Kulturtechnik des Lesens wird also seit langer Zeit auf die Genetik und Genomik angewandt. Näher an Assoziationen von Buchtexten heranrückende Metaphern wie die „Buchstaben des Erbguts“ (Hughes 2000) finden sich ebenfalls in den untersuchten Texten, die sich z.B. in “[w]ir hatten mit 100 Prozent diagnostischer Sicherheit einen einzigen Schreibfehler unter den 3,3 Milliarden Buchstaben des Erbguts zu finden [...]” (ebd.) spiegeln.[7] „Syntax und Grammatik“ des Textes bestehend aus einer Kombination von „vier Buchstaben“ seien allerdings noch unbekannt (Rosenthal 2001:91). Man arbeite noch an der „Entzifferung des menschlichen Genoms“ (Rosenthal 2001:84), hierfür würden „zehntausende RNA-Abschriften (Transkripte)“ (ebd.:85) benötigt. Besonders das Gehirn müsste sich gentechnisch beeinflussen lassen, da doch „mehr als 50 Prozent aller Gene, die in Boten-RNA umgeschrieben und somit eingeschaltet werden, das Gehirn betreffen" (Hamer 2002:26).
In seiner grundlegenden Studie Die Lesbarkeit der Welt widmet sich Hans Blumenberg der Text- und Buchmetapher in den Biowissenschaften und der Arbeit von Friedrich Miescher zur Befruchtung. Darin beschreibt Blumenberg, wie der Denkschritt von einer maschinengeprägten Metaphernwelt der Physiologie des 19. Jahrhunderts zur Schrift-Metaphorik vorstellbar ist. Dieser Schritt war notwendig, um vom ‚Uhrwerk‘ zum ‚Sprachwerk‘ als Bildfeld in den zellulären Vorgängen der Zeugung zu gelangen (Blumenberg 1983: 396). Laut Blumenberg seien Mieschers Metaphern von Buch und Text, die ausdrücken, wie Informationen über den „Engpass“ der Geschlechtszellen von Individuum zu Individuum vererbt werden, bereits Ende des 19. Jahrhunderts in der Vererbungsphysiologie erstmals eingeführt worden. Jedoch wurden diese Information-in-Text-Metaphern erst von einer breiteren innerwissenschaftlichen Öffentlichkeit aufgenommen, als sie 1943 in dem Vortrag What is Life von dem Quantenphysiker Erwin Schrödinger (Schrödinger 1951) angeführt worden sind. In What is Life beschreibt Schrödinger die in allen Zellen enthaltenen Informationen als „Schlüsselschrift“ (ebd.:112) und als eine Möglichkeit, das Problem zu erklären, dass nicht sämtliche in adulten Zellen möglichen Molekülkonstellationen in miniaturisierter Fassung in den Geschlechtszellen oder gar Chromosomen enthalten sein können. Ohne einen genaueren Zusammenhang zwischen Nukleinsäuren und Chromosomen zu kennen,[8] versucht er damit eine physikalische Herangehensweise an die Vererbung zu finden, indem er die Atome mit einem ‚Morse-Alphabet‘ vergleicht, das selbst wenn es nur aus zwei Buchstaben bestünde, „in Vierergruppen bereits dreißig verschiedene Abwandlungen“ (ebd.:88) ergäbe. In Schrödingers Metaphorik wird ebenfalls, wie in den vorliegenden Texten, die Vielseitigkeit der Bildspender ‚Aufzeichnung‘ und ‚Schrift‘ deutlich, indem er Chromosomen sowohl als „zugleich Gesetzbuch und ausübende Gewalt“ als auch als „Plan des Architekten“, als gezeichnete, aus Zeichen zusammengesetzte Handlungsanweisung, beschreibt (ebd.:377). Bei Miescher erklärt sich der Griff nach der Schriftmetapher aus der Absage an die Idee, dass die Ei- und Samenzelle bzw. die Zelle generell „eine Vorratskammer zahlloser chemischer Stoffe, [...] deren jeder der Träger einer besonderen erblichen Eigenschaft“ (Miescher 1875:79f.) sei. Während er zuvor einer letztlich „bloß mechanischen oder motorischen Auffassung“ (Blumenberg 1983:396) gefolgt war, die seiner Beschreibung des Befruchtungsvorgangs im Sinne von Schraubenfunktionen in Uhrwerken entsprach, stellt sich mit der Schriftmetapher der Vorgang flexibler dar: Der stereochemische Aufbau der verschiedenen chemischen Stoffe (bis hin also zu ihrer für Bindungen relevanten räumlichen Struktur) sei so komplex, dass „aller Reichtum und alle Mannigfaltigkeit erblicher Übertragungen ebenso gut darin ihren Ausdruck finden können als die Worte und Begriffe aller Sprachen in den 24-30 Buchstaben des Alphabets“ (Miescher 1875:79f.).
Entgegen der geläufigen wissenschaftshistorischen Fassung Lily Kays, die Schrödinger als den ‚Begründer‘ des Erfolgs der Schriftmetapher in der Genetik und im Kontext der Kybernetik setzt, bezeichnet Christina Brandt diese Auffassung als wissenschaftshistorischen Ursprungsmythos. Erst indem die Schriftmetapher im Hinblick auf das Verständnis von Leben durch Schrödinger[9] verwendet wurde und im Zuge jahrelanger wissenschaftlicher Diskussion in Arbeitsgruppen und mit der Suche nach einer korrekten mathematischen Korrelation (Gamow 1954:318) der Nukleinsäurebasenpaare verbunden wurde (Crick 1958:138-163), setzte sie sich rasch durch (Brandt 2004:14f.). Dabei sei es die Schriftmetapher für die DNA im gegenseitig beeinflussenden Wechsel mit den Experimentalanordnungen gewesen, die zunächst zu einer konstitutiven Ressource für diese Forschungsprogramme wurde, bis sie schließlich ontologischen Status erhielt (Brandt 2004:257ff., vgl. Chargaff 1970). Besonders nachdrücklich bringt die Gentechnologie die Schriftmetapher als Schreibmetapher seit Mitte der 1980er Jahre (mit dem Vorhaben der vollständigen Sequenzierung des RNA- und DNA-Materials verschiedener Spezies) ins Spiel. So beschreibt der Molekularbiologe David Jackson zur Feier des 40sten Jahrestages des DNA-Doppelhelixmodells, dass das Lesen, Schreiben, Kopieren und Editieren wesentliche Kompetenzen seien, um eine Sprache perfekt zu beherrschen (Jackson 1995:358,364). Die Schriftmetapher in der Genetik fußt allerdings, wie sich anhand Schrödingers What is life? vorführen lässt, auf einer weit über die Geschichte des Computers hinausgehenden Metapherntradition: jener des ‚Buches der Natur‘. „Die große Enthüllung der Quantentheorie lag in der Entdeckung von Unstetigkeiten im Buch der Natur und zwar gerade in einem Zusammenhang, in dem nach den bis dahin herrschenden Ansichten alles außer der Stetigkeit unsinnig erschien“ (Schrödinger 1951:70).[10]
Als Qualität des Bildspenders Buch der Natur beschreibt auch Blumenberg eben jene Stetigkeit und Geschlossenheit in sich, auf die auch Schrödinger verweist (1951). Da sei die Vorstellung der Natur als „eines Ganzen aus einem Wurf“ (Blumenberg 1983:18), das in sich begrenzt, überschaubar und abgeschlossen sei, die eine „Verführung zu Totalität“ (ebd.) berge. Zugleich markiert die Metapher ein Paradoxon: „ein Buch sei die Natur zwar, aber ein in Hieroglyphen, in Chiffren, in mathematischen Formeln geschriebenes – das Paradox eines Buches, das sich dagegen verwahrt, Leser zu haben“ (ebd.). Natur erscheint also nicht als etwas Selbstverständliches, sondern als etwas, das nur durch von Menschen gemachte Regeln erfass- und erfahrbar wird. Diese Regeln wiederum werden allerdings in ihrer Bezeichnung zu natürlichen Gesetzen (Naturgesetzen). Die Gesetze der Natur ihrerseits entsprechen spätestens seit der ausgehenden Renaissance (wie bei Francis Bacon, aber auch späteren Autoren der Neuzeit, s.u.) dem Willen Gottes. Insofern stimmen das Buch Gottes (die Bibel) und das Buch der Natur überein (Curtius 1948). Damit korrespondiert der Metapherngebrauch in den hier analysierten Texten: Ihr Gebrauch umschreibt die Position, dass im Sinne der Evolution oder der Natur agiert wird, wenn kloniert oder menschliche DNA für unterschiedliche Verfahren bearbeitet würde. Wir würden somit selbst zu Schöpfern: Wir fangen an, die „Baupläne der Schöpfung“ (Stock 1998:123-125, Stock 2000:190-192) zu ändern, nachdem „unsere kulturelle Evolution uns die Macht“ in die Hände gelegt hat (ebd.). In der Verlängerung des Werks Gottes begründet sich so unser Handeln. Es bestätigt sich demnach in der vorliegenden Analyse populärwissenschaftlicher Darstellungen der Jahrtausendwende, was Christina Brandt für die Beschreibung der Textmetapher in naturwissenschaftlichen Arbeiten seit den 1930er Jahren feststellt: In der Schriftmetapher „schwingen kulturelle Implikationen mit, die tief verwurzelt sind in einer jahrhundertelangen abendländischen Tradition, in der der Schrift – mit ihren religiösen Assoziationen – ein hervorgehobener Platz in der Erfassung von Welt zukommt“ (Brandt 2004:21, Blumenberg 1983:380). In der Tat reicht die Verbindung der Natur und ihrer Gesetzlichkeiten mit dem Text, genauer in seiner Form als Buch, historisch weit zurück. Da im Folgenden analysiert wird, inwiefern die Funktion mancher der beschriebenen Metaphern in einer Auseinandersetzung mit religiösen Strömungen gesehen werden können, sollten wir weit zurück gehen und bei Augustinus beginnen.
Mit dem Buch der Natur hatte Augustinus die Natur als zweite Offenbarung Gottes gedeutet und damit auch die materielle Schöpfung als gut ausgewiesen, auch wenn sie als ‚gefallen‘ galt (Harrison 2008, 2001). Die dann nicht mehr allegorische, sondern physische Deutung des Buches der Natur mit dem mittelalterlichen Protestantismus erlaubte zuerst ‚hermeneutische‘ und dann empirische Versuche, das Buch der Natur zu verstehen und wird insofern als Ideengeberin der modernen Wissenschaften verstanden (Harrison 2006, Gaukroger 2006). Damit wird also aus Naturerkenntnis ein Schlüssel zum Verständnis des Wortes Gottes. In dieser Weise wird das Buch der Natur auch in der ersten Generation empirischer Forscher in der Neuzeit verwendet. Als einer der ersten neuzeitlichen Empiriker empfahl Francis Bacon seinen Kollegen eine einfache Sprache unter Vermeidung der Metapher (Giles 2008:14-16). Um den Nutzen der neuen empirischen Wissenschaften seinem Publikum zu vermitteln, griff er selbst allerdings, ebenso wie etwa Galileo, auf die Metapher der Bibel als Buch der Natur zurück. In einer ausführlichen Ausdifferenzierung und Explikation der Metapher ‚Buch der Natur‘ tat er dies in seinem einschlägigen bis heute rezipierten Werk Nova Atlantis von 1627, das manche heutige Utopien der (Er-)Zeugung von (gesunden) Organismen, vermittelt durch Gentechnologie, vorwegzunehmen scheint. Es handelt von einer idealen Gesellschaft, die von Wissenschaftlern mit unverblendetem Verstand regiert wird (Bacon 1993:111, 118). Sie lebt auf einer abgeschiedenen, vor Amerika liegenden Insel, die von einem Ich-Erzähler mit einer Gruppe von Männern aus Europa auf einem Schiff erreicht wird. Die Reise dorthin war beschwerlich, doch sie werden willkommen geheißen. Der dortige demokratische und zugleich christliche Inselstaat Bensalem wird von Naturwissenschaftlern (der Society of Salomon’s House) regiert (Bacon 1993). Durch die naturwissenschaftlichen Neuerungen der Society of Salomon’s House ist für physische Unversehrtheit aller auf der Insel gesorgt: Es gibt Nahrungsmittel in unendlicher Fülle, die Society erforscht und produziert heilsame Früchte und Mittel, züchtet nicht nur, sondern erzeugt sogar bisher unbekannte Tiere und vor allem lebensverlängernde Präparate (ebd.:129-131). Innerhalb der Allegorie Nova Atlantis ist eine weitere Allegorie enthalten, die Entdeckung der Bibel: Sie verweist einerseits auf den Weg zum Wissen und zeigt andererseits das Resultat der Suche nach Wissen, denn in der Gründungsgeschichte von Bensalem (Nova Atlantis) heißt es, das Inselvolk habe des Nachts ein leuchtendes Kreuz auf dem Meer gesehen und sei dorthin hinausgerudert. Während alle anderen Boote sich dem Kreuz nicht weiter nähern konnten, konnte der Weise der Insel frei werden („unbound“, ebd.:112), nachdem er ein Gebet über die Ziele Gottes in den Gesetzen der Natur gesprochen hatte. Am Kreuz angelangt verwandelte sich dieses in eine Kiste, die das Alte und Neue Testament enthielt, sowie einen Brief von Apostel Bartholomäus darüber, dass er dieses Werk den Fluten anvertraut habe (ebd.).[11]
In der Darstellung der langen Tradition der Metapher ‚Buch der Natur‘ weist Blumenberg auf den ansatzweise totalitären Charakter hin, den die Metapher der Natur als Buch enthält (Blumenberg 1983:18). Damit macht Blumenberg auf ein bestimmtes Verständnis von Text aufmerksam, wonach Text nur auf eine spezifische, vom Text selbst intendierte, Weise zu verstehen sei. Die Lektüre und Deutungen des Textes hätten in einer solchen Interpretation demnach keinen Anteil an einer (offenen) Gestaltung des Textes, wie sie von Blumenberg oder etwa bei Foucault (2001) oder Barthes (1964) gedacht wird. Einem solchen Verständnis von Text als eindeutig entspricht die Vorstellung des Codes als Buchstabenfolge, wie es von Crick (1958) eingeführt wurde, der die Relation von DNA zu RNA zu Protein als analog zu zu lesendem und zu übersetzendem Textes verstand, der in Genwirkungen resultierte. Demnach wäre die DNA-Sequenz stets, zu jeder Zeit und unter allen Umständen, wirksam. Genwirkungen wären aus der molekularen Analyse der DNA eindeutig zu prognostizieren. So wären auch Krankheiten oder körperliche Merkmale, selbst manche Wesenseigenschaften, ebenfalls aus der Gensequenz heraus als einziger Ursache ‚ablesbar‘, wie es deutlich auch die Zitate aus dem analysierten Material zu Beginn des vorigen Kapitels („Buchtext oder Computercode“) zeigen. Blumenberg z.B. weist darauf hin, dass Schrift auf diese Weise als „Vor-Schrift“ und „ante rem“ (Blumenberg 1983:381) verstanden würde bzw. als „Befehlstext für das lebendige Geschehen in Raum und Zeit“ (ebd.:400).[12] Der epistemische Vorteil der Textmetapher liegt allerdings gerade darin, zwei scheinbar widersprüchliche Bedingungen zu erfüllen, die die DNA ausmachen: Dies sind die beiden Eigenschaften, sowohl für Flexibilität (Austauschbarkeit der Buchstaben) als auch für Konstanz (eine Stabilität, die Weitergabe, Vererbbarkeit eines sinnvollen ‚Textes‘, möglich macht) zu stehen. Betont wird bei der Schriftmetapher in der ‚dogmatischen‘ Deutung (Duden 2005) jedoch lediglich der Aspekt der Konstanz. Dieses Verständnis von Lektüre ist auch bei Schrödingers Bezug auf den ‚Leser der chromosomalen Schrift‘ angelegt, denn dieser Leser entspricht dem später so bezeichneten ‚Laplace‘schen Dämon‘, einer Figur allwissender Intelligenz, die der Mathematiker Pierre-Simon Laplace 1814 einführte. Diese Figur diente Laplace zur Verbildlichung des (mechanistischen und deterministischen) Weltbildes, das maßgeblich von Newtons und Keplers Gesetzen der Physik geprägt war (Laplace 1995:3ff.). Diese Intelligenz müsse lediglich sämtliche in einem gegebenen Augenblick auf der Welt wirkenden Naturkräfte kennen, um jedes Geschehnis zu jeder Zeit voraussagen zu können. So könne sie auch aus dem chromosomalen Material „voraussagen, ob das Ei sich unter geeigneten Bedingungen zu einem schwarzen Hahn, einem gefleckten Huhn, zu einer Fliege oder einer Maispflanze, [...] einer Maus oder zu einem Weibe entwickeln werde“ (Schrödinger 1951:33f.).
Bereits in Haeckers Seezeichen von 1914, zu deren Verstehen der eine Schlüssel nötig ist, ist die Eindeutigkeit angelegt, wie sie in den 1910er Jahren durch die ‚klassische Genetik‘ als der Kopplung von Genetik und Chromosomenforschung etabliert wurde. Im Gegensatz zu dieser Idee der eineindeutigen Symbolik verweisen andere frühe Gebräuche der Zeichen- und Schriftmetapher auf die Flexibilität des Genmaterials, so dass das Lesen der DNA unter verschiedenen Bedingungen zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. So war in dem früheren Moment des Gebrauchs der Schriftmetaphorik bei Miescher zum Ende des 19. Jahrhunderts die Interaktion zwischen dem Genmaterial und der Umwelt hervorgehoben: „In der Tat, nicht in einer bestimmten Substanz kann das Rätsel der Befruchtung verborgen liegen; das lässt sich schon jetzt mit großer Wahrscheinlichkeit behaupten. Nicht ein Teil, sondern das Ganze als solches ist wirksam, durch das Zusammenwirken aller seiner Teile“, so Miescher in seiner Diskussion des Wirkstoffes ‚Nuclein‘ (Miescher 1875). Auf ein solches Zusammenwirken verweist bereits die vorausschauende Einschränkung „unter geeigneten Bedingungen“ Schrödingers (1951:33f.), ebenso wie der auf statistischen Wahrscheinlichkeiten beruhende Risikobegriff der Reproduktionsgenetik, der Eindeutigkeiten ausschließt (Samerski 2002:106ff.). Die Beschreibung der Nähe der DNA zum Buchtext, die durch den Molekularbiologen Robert Pollack über mehrere hundert Seiten erstreckt wird, kann dahingehend verstanden werden, dass sie auf die bedeutungsgebende Interpretation bei der Lektüre des genetischen Materials, seinem epigenetischen Umfeld verweist: Er beschreibt DNA als:
„ […] a work of literature, a great historical text. But the metaphor of the chemical text is more than a vision: DNA is a long skinny assembly of atoms similar in function, if not form, to the letters of a book, strung out in one long line. The cells of our bodies do extract a multiplicity of meanings from the DNA text inside them […]“ (Pollack 1994:5).[13]
Dieser Text ist also nicht einfach zu lesen, sondern bedarf einer intensiven Interpretation, denn er kann verschiedene Bedeutungen haben, die je nach der Art des Übersetzungs-/ Translations- und Lese-Prozesses entstünden (Pollack 1994).
Die Lesart des Buchs der Natur als ‚Wort Gottes‘ wird durch den weiteren metaphorischen Bezug des Ingenieurwesens unterstützt. An einigen anderen Stellen im Datenkorpus ist vom „genetische(n) Bauplan des Menschen“ bzw. „der Schöpfung“ (Rosenthal 2001:87 u.v.m.; Hamer 2002:29) die Rede. Unter allen möglichen Metaphern, die für die DNA stehen, wie Programm, Skript, Matrize, Matrix, Text etc. dürfte Bauplan die handlungspraktischste und bildhafteste sein. Während man in den analysierten Texten keinem Zell-Programmierer begegnet, gibt es entsprechend der Bauplan-Metapher allerdings „Gen-Ingenieure“ (Hamer 2002:28). Die Verwendung von Metaphern, die Wissenschaftler als privilegierte Leser eines göttlichen Textes oder Plans ausweisen, ist in dieser Zeit direkt nach dem Jahr 2000 vermutlich nicht zufällig. Die Analyse der Darstellung des Humangenom-Projektes in der internationalen Öffentlichkeit, die Nerlich, Dingwall und Clarke (2002) durchführten, zeigt, dass es – in der hier diskutierten Zeitspanne, aus der die analysierten reproduktionsgenetischen Veröffentlichungen stammen – durchaus zitathaften Bezug direkt auf die ‚Buch der Natur‘-Metapher im Sinne der Autoren der Aufklärung gab. Ein solcher Zusammenhang findet sich besonders in öffentlichen Reden des damaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten, Bill Clinton. Er nutzte im Jahr 2000 in seinen öffentlichen Auftritten im Zusammenhang mit der Publikation und den Feierlichkeiten zum Erfolg von Celera Genomics, der nordamerikanischen Firma, mit deren Hilfe die Entschlüsselung eines menschlichen Genoms gelang, vermehrt religiöse Bezüge zum Genom. So sagte er: „we are learning the language in which God created life“ (Clinton 2000 in Nerlich, Dingwall & Clarke 2002:446; s.a. Döring 2005).
Der Bezug auf einen göttlichen Plan, den zu entschlüsseln sich die Wissenschaft mit dem Genom Projekt zur Aufgabe gemacht hatte, wird zusätzlich durch ein historisch noch älteres Bild medial mobilisiert, womit die Schrift einen noch grundsätzlicheren Status erhält: Zu ähnlicher Gelegenheit nämlich, also in Bezug auf die Entschlüsselung des Genoms, zitierte Clinton Galileo. Galileo hatte geschrieben, als er mit Hilfe der Mathematik und mechanischer Gesetze die Bewegung der Himmelskörper erfasste, “that he had learned the language in which God created the universe“ (Clinton 2000 in Nerlich, Dingwall & Clarke 2002:446). Im Anschluss daran betonte Clinton nochmals “today we are learning the language in which God created life“ (ebd.). In beiden Fällen verbreitete sich das jeweilige Zitat massiv über die Medien. Zwischen Galileo und Bacon besteht insofern ein enger Zusammenhang (Nerlich, Dingwall & Clarke 2002), als dass Bacons „Buch der Natur“ von Galileos Konzept des Universums als ein Buch inspiriert war, das in der Schrift der Mathematik geschrieben war. Bacons utopisches Werk war explizit darauf ausgerichtet, “[to] try [...] to sell the scientific revolution by urging their audience to learn to read both the Holy Book and the Book of Nature“ (Nerlich, Dingwall & Clarke 2002:552).
4. Fazit und Ausblick
Zusammenfassend betrachtet zeigt sich, dass Metaphern der Botanik und insbesondere der ‚Frucht‘ die Metaphernwahl in den analysierten Texten deutlich dominieren. Sie entsprechen dem reproduktionstechnologischen Kontext. Die Menge der Metaphern für Gene und das Genom, einerseits jene mit informatischem Bezug sowie jene, die auf den ‚Buchtext‘ verweisen, sind dagegen seltener anzutreffen. Verwunderlich ist dieses Ergebnis insofern nicht, als dass Züchten – und damit auch die gewollte Zusammenführung bestimmter Eigenschaften von Pflanzen oder Tieren – eine ähnlich Jahrtausende alte kulturelle Praxis darstellt, wie das Gärtnern, aus dem diese Metaphern entlehnt sind. Viele der genannten dem Gärtnern entlehnten Metaphern sind bereits vorwissenschaftlich im Feld der Zeugung konventionalisiert und finden sich entsprechend umso häufiger in den vorliegenden Texten und in Kombination mit lexikalisierten reproduktionswissenschaftlichen Termini. Sehr viel jünger, und damit spezialisierter, sind dagegen die Metaphern für das erst seit Ende des neunzehnten Jahrhunderts bekannte – und benannte – Erbmaterial, das zudem nur einen (physisch) kleinen Bereich der in der Reproduktion relevanten Entitäten bezeichnet.
Fokussiert man allerdings genauer auf die Metaphern für Gene und das Genom, mag es überraschen, wie weiterhin an der früh in der Zeit der Genetik etablierten Schrift-Metapher festgehalten wird: Trotz aller Aktualität der Computerindustrie und Informationstechnologie sowie -forschung, die auch im Arbeitsalltag der Forschenden und zunehmend auch in der Genomik zu finden sind, überwiegen interessanterweise in den von mir untersuchten Texten Metaphern der Lektüre, des Planes beziehungsweise des gedruckten Textes und Buches gegenüber solchen aus den Informationstechnologien. Während mit dem Einzug der Informatik in die Biologie auch die Systemtheorie darin populärer wurde, verweist die Gebrauchsweise und der Kontext der Textmetaphern stattdessen eher auf ein starres Text- bzw. ein eindeutiges Lesbarkeitskonzept. Damit werden Metaphern (deren Implikation und ihr Verständnis) aus der frühen Zeit der molekularbiologischen Genetik zur Konzeptualisierung abstrakter wissenschaftlicher Sachverhalte herangezogen, die den wissenschaftstheoretischen Ansprüchen eines Übergangs zur Genomik nicht Rechnung tragen. Gerade aber um die komplexeren Zusammenhänge, die das Schreiben und Lesen des Genmaterials flexibel und situationsabhängig gestalten, geht es der Genomik und den Disziplinen wie der Systembiologie, die seit Ende der 1990er Jahre an den vielfältigen und funktionellen Verbindungen innerhalb des Genoms und seiner Umwelt arbeiten. Zwar ist in den untersuchten Texten die voranschreitende Technologieentwicklung in der biologischen Praxis bekannt und wird auch benannt, drückt sich in der Übersetzung der Technologien für die mediale Öffentlichkeit in Metaphern jedoch kaum aus: Nach wie vor werden Sprachbilder bevorzugt, die auf die analoge Welt des Buchdrucks zurückgehen, die mit Metaphern aus der Welt des Gärtnerns angereichert werden, wodurch die Darstellung konzeptuell im Verständnis etablierter Bildfelder verweilt und aktuelle Entwicklungen kaum berücksichtigt.
Zusätzlich zeigt sich, dass die Metaphern aus den Bildspendern ‚Text‘ und ‚Buch‘ selbst in den (frühen) empirischen Wissenschaften historisch religiös konnotiert sind. Ebenso wie ihre rezente Verwendung in der Öffentlichkeit im Zusammenhang mit der Genomik durch Bill Clinton nahelegt, könnte die Funktion dieser Metaphern darin bestehen, eine positive Publikumswirkung bei religiösen Kritikern der Gen- und Reproduktionstechnologien zu erreichen. Dass die kritische Haltung mancher Kirchen gegenüber Gen- und Reproduktionstechnologien für die Autoren der analysierten Texte eine Rolle spielt, verdeutlicht sich ebenfalls im Material. So beklagte sich etwa der italienische Gynäkologe Severino Antinori in einem der analysierten Beiträge, dass er nun, wo er vorhabe, Menschen zu klonen, mit den gleichen kritischen Fragen konfrontiert sei, wie Jahre zuvor, als er mit der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI) begonnen habe: „Als ich mit ICSI begonnen habe, wurden mir die gleichen Fragen gestellt – vor allem von Kirchenmännern und anderen Feinden der Wissenschaft" (Antinori 2001: 208).
Theoretisch und empirisch betrachtet dürfte deutlich geworden sein, dass mit Metaphern Bedeutungen konnotiert und Wertungen vorgenommen werden, die nicht deutlich hervortreten, sondern durch die Verwendung in einem spezifischen textlichen Umfeld und im Interpretationsprozess der so Adressierten entstehen. Metaphern verweisen also auf ein alltägliches und etabliertes Konzeptsystem, nach dem auch im Rahmen des vorliegenden Spezialdiskurses gedacht und gehandelt wird (Lakoff & Johnson 1980). Darüber hinaus ist zu bedenken, dass es sich bei den untersuchten Texten um Argumentationen handelt, in denen ein idealisierter Textrezipient mitgedacht wird sowie Einwände antizipiert und bei der Konstruktion des Textes berücksichtigt werden. Da eine Zuweisung von Autorschaft bei den vorliegenden Texten wegen der vielfachen Bearbeitungen der Begrifflichkeiten, wie oben besprochen, ausgeschlossen werden sollte und zudem insbesondere die Metaphern der Schrift und des Textes im Zusammenhang mit Gentechnologie konventionalisiert sind, wird hier möglicherweise nicht mehr Überzeugungsarbeit durch die populärmediale Darstellung geleistet. Stattdessen wird wohl eher eine Übereinstimmung des Verständnisses von Genen als eindeutig ‚lesbar‘ zwischen Experten, Zuständigen für die Textedition und Lesepublikum vorausgesetzt. Auffällig ist jedoch im Verhältnis zu den Ergebnissen früherer Studien zum Metapherngebrauch im Zusammenhang mit der Genomforschung, dass Metaphern aus dem Feld der Informationstechnologien in den hier vorliegenden Texten selten anzutreffen sind, während die Metaphern aus dem Bereich der Lektüre häufiger sind. Bezüge zur inzwischen möglichen parallelen Verarbeitung von komplexesten Zusammenhängen, wie sie in der (auch genetischen, genomischen, epigenetischen und systembiologischen) Bioinformatik vorgenommen werden, werden durch den Metapherngebrauch eher ausgeklammert. Dies steht in einem Widerspruch zu Aussagen von Forschenden in der Reproduktionsgenetik die selbst darauf hinweisen, dass es Technologien wie parallel computing waren, die dazu geführt hätten, dass längst einfache Ursache-Wirkungs-Modelle der Genetik verworfen worden seien und durch Modelle der komplexen Systemtheorie ersetzt werden mussten (Sermon 2011). Dieser Aspekt steht in einem deutlichen Gegensatz zu den in den vorliegenden Texten vermittelten Inhalten, die Eineindeutigkeit beim Schreiben und Lesen unterstellen. Nur auf diese Weise kann die Verschränkung von Gen- und Reproduktionstechnologien, genauer die Vorstellung korrigierender Eingriffe mit gentechnischen Mitteln technisch sicher und sinnvoll erscheinen. Zugleich impliziert die Text-Metapher in der Form der Bibel als Buch der Natur zum einen, dass jene, die in der Lage sind, den Text zu lesen, auch befugt sind, ihn zu verändern – im Sinne eines naheliegenden Auftrags. Zum anderen verweist die Text-Metapher auf die frühe Neuzeit als die Zeit der Verbreitung der Kulturtechnik der Lektüre gemeinsam mit dem Buchdruck. Im Gegensatz zu heutigen Computersystemen scheint die Druckkunst vergleichsweise einfach, überschaubar und handhabbar – zumindest einem antizipierten Laienverständnis folgend. Eingriffe in die Buchstabenfolge erscheinen in diesem Bild wenig folgenreich und kontrollierbar.
Auf diese Weise erfüllt auch dieser Metapherngebrauch die interpersonelle Funktion der Nostrifizierung (Schütze et al. 1 der – in dem historischen Moment kurz nach der Jahrtausendwende noch – in Deutschland überwiegend kritisch betrachteten oder sogar tabuisierten Technologie, indem er dem Laienpublikum die neuen Reproduktionstechnologien auf der Grundlage historisch etablierter Metaphern erfahrbarer macht und uns hilft, sie in unsere alltäglichen Lebenskontexte einzubetten. Diese und andere Metapherngebräuche „zähmen“ (Nowotny & Testa 2010) bestimmte technische Methoden auf dem Gebiet der Reproduktion, wie beispielsweise die Präimplantationsdiagnostik, Gentests oder gar die Klonierung von Menschen, indem sie das Gefühl von Bedrohung, das diese Begriffe umgibt, semantisch verringern. Zugleich wird der Text, anders als die Metapher ‚Information‘, konventionell als an eine materielle Grundlage gebunden verstanden (etwa das Buch), während die Information und der Code ohne physische oder körperliche Materialität nur schwer zu erschließen sind (Hayles 1990:394-421) – so besteht der Code aus Zeichen, die wiederum auf andere Zeichen verweisen, während dem Text die reale materielle Welt gegenübersteht (Kogge 2012). Insofern stärken die Metaphern aus dem Feld von Text und Buch die subtile Assoziation der Möglichkeit, manuell in das Genom eingreifen zu können, ähnlich dem Austausch von Buchstaben in der Werkstatt der Buchdruckerei. Da wir mit Buchstaben und dem Schreiben von Texten alle Erfahrungen haben, ergeben sich hier weiterführende und nicht ganz unproblematische Interpretationsmöglichkeiten: die Evolution selbst ist es, die uns die Mittel an die Hand gibt, in sie einzugreifen, ausgedrückt in der Metapher des ‚Text um-schreibens‘ oder ‚Bauplan änderns‘. Eindrücklich zeigt die Arbeit von Nerlich, Dingwall und Clarke (2002), dass sich während des Humangenom-Projektes besonders in den Vereinigten Staaten (und nur partiell zwischen Clintons Amtskollegen Blair und der britischen Wissenschaftsgemeinde) zwischen Politik, Medien und Wissenschaft ein diskursiver Kontext der gegenseitigen Rezitation herausbildete (Nerlich, Dingwall & Clarke 2002:448-453), der genau auf diesen Metaphern beruhte. Ähnlich wie in Bacons Allegorie von Bensalem legt dieser Metapherngebrauch nahe, Gott in Form der Natur selbst gäbe uns die Mittel, und damit auch den Auftrag, in die Evolution einzugreifen; und ähnlich wie im Kontext der Entstehung der Allegorie von Bensalem vermag diese zeitgenössische Metapher auf die in den Vereinigten Staaten häufig religiös bedingte Abwehr von neuen Gen- und Reproduktionstechnologien zu antworten. Angesichts der dort herrschenden Pro-Life-Bewegung scheint dies umso notwendiger im vorliegenden Kontext, als es um die Verwendung von Gentechnologien in reproduktionstechnologischen Verfahren geht. Nerlich, Dingwall und Clarke gehen unterdessen davon aus, dass Clintons Metaphernwahl wohl überlegt eine Mischung aus „an inspirational tone and a counter-theology“ darstelle (ebd.:453), also eine Reaktion auf die angenommene Bedrohung der Arbeit des Humangenom-Projektes und begründet durch die früheren Erfahrungen mit der öffentlichen Reaktion auf Forschung an gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln oder Klontechnologien ist.
Die Herstellung eines positiven religiösen Bezuges zum Humangenom-Projekt setzte sich auch nach Clintons Reden fort. Hellstein (2005) zeigt, dass die Metapher „book of life“ für das Genom im Zeitraum 1990 bis 2002 über die Dauer des Humangenom-Projektes hinaus, weiter im Sinne der Fürsprache für vergleichende Genomforschung eingesetzt wurde. In einer kleineren Untersuchung Britischer Zeitungen zwischen 2002 und 2003 fanden Nerlich und Hellstein (2004) zudem heraus, dass auch die Metaphern aus der Genetik, also auch jene der vereindeutigenden Schrift, in die Beschreibungen der Konzepte der Genomik in den Medien weitergetragen wurden.
Die Funktion der Metaphernwahl in den vorliegenden Texten liegt einerseits in der Nostrifizierung und in dem positiven Einstimmen des Publikums auf vielfältige Möglichkeiten der Reproduktionsgenetik als auch in der vorwegnehmenden Entwaffnung von Kritik aus religiösen Kreisen. Zu fragen ist, ob die Metaphernwahl hierfür geeignet ist. Es hat den Anschein, als würde mit der Metaphernwahl in den populärwissenschaftlichen Texten zur Verschränkung von Gen- und Reproduktionstechnologien ein doppeltes Missverständnis zwischen Wissenschaftlern und Laienpublikum riskiert: Einerseits holen die Schriftmetaphern in einem Kontext, der Eineindeutigkeit der Lektüre suggeriert, den aktuellen Kenntnisstand der gegenwärtigen Genetik und Genomik nicht ein (abgesehen von Fällen seltener monogenetischer Krankheiten). Andererseits mögen sich die Forschenden darüber im Klaren sein, dass sie mit der Wahl ihrer Metaphern im Sinne der Vermittlung simplifizieren, da sie im Grunde veraltete Metaphern aus einer Zeit verwenden, als der Wissensstand ein anderer war, sie also Phänomene anders darstellen, als es innerwissenschaftlich inzwischen bekannt ist – mag dies beim Publikum auch ganz anders, nämlich als taugliche Information, aufgenommen werden. Das Fachwissen und das vermittelte Wissen driften entsprechend auseinander.
Wissenschaftlich und gesellschaftlich betrachtet kann dies problematisch werden, wenn Versprechen der Einfachheit nicht eingelöst werden können. So sieht es auch der Evolutionsgenetiker John C. Avise, obwohl er ausdrücklich seinem Kollegium den Gebrauch von Metaphern zur Wissensvermittlung empfiehlt (Avise 2001). Er sieht das Problem „that a metaphor can restrict rather than expand research horizons“ (ebd.: 87). Die Wahl der Metaphern und ihrer Implikationen muss also wohl überlegt und in einem gewissen Maße auch kontrollierbar sein. Nerlich, Dingwall und Clarke (2000:461) sehen das gerade beschriebene Problem bereits für gegeben, dass innerwissenschaftlich Metaphern wie ‚Text‘, ‚Alphabetisches Symbol‘ oder ‚Buchstabe‘ einst epistemischen Nutzen hatten, sie aber in der Öffentlichkeit durch den Einsatz in einem ganz anderen Kontext (wieder) emotional aufgeladen eine andere Bedeutung erhalten (ebd.:461). Hierzu gehört der obigen Analyse nach auch das Allgemeinverständnis von Text als dogmatisch und eindeutig in einer einzigen Weise zu lesend.
Zugleich wünschen sich Wissenschaft und Wissenschaftspolitik eine aufgeklärte Öffentlichkeit, die über die Komplexitäten der genomischen Verhältnisse informiert ist. Dass dies nicht so ist, so heißt es gelegentlich von wissenschaftlicher Seite, führe zu unrealistischen Einschätzungen und Bewertungen sowohl von Erfolgen wie von Gefahren. Ähnlich verheerende Wirkungen schreibt die Wissenschaftsjournalistin Katrin Weigmann (2004) den religiösen Bezügen in populären Darstellungen der Verhältnisse in der Genetik und Genomik zu, die in dem vorliegenden Material zugegebenermaßen eher implizit anzutreffen sind: Die vielfältigen Bezüge, die zum Bibeltext hergestellt werden, würden im günstigsten Fall als Blasphemie verstanden oder mit Zynismus abgewehrt, im schlimmsten Fall schürten sie Ängste, wenn sie ernstgenommen würden. Die interpersonelle Funktion von Metaphern und ihre Fallstricke sind daher nicht zu unterschätzen. Immer wichtiger wird mit zunehmender Bedeutung der Naturwissenschaften und deren sich vermehrendem Wissen eine Wissenschaftskommunikation, die sich nicht scheut, den jeweils aktuellen Stand des Wissens in seiner bestehenden Komplexität zu vermitteln.
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[1]Hintergrundmetaphern sind zugleich termini technici, jedoch sind nicht alle termini technici auch Hintergrundmetaphern, denn technische Metaphern sind oft sehr spezifisch.
[2] Der Text verwendet Ergebnisse und Passagen, die in einer umfangreicheren, primär diskursanalytischen Studie, der Monographie Genetisierung der Zeugung (Bock von Wülfingen 2007) erstveröffentlicht wurden. In diesem Text wird nicht das generische Maskulinum verwendet sondern zwei Geschlechter benannt, wo sie vorkommen.
[3] Allein die häufigsten Begriffe, wie solche des Wortstamms ‚Frucht’ (etwa Fruchtwasser, Befruchtung), der ‚Pflanze’ (einpflanzen, Fortpflanzung etc.), des ‚Keims’ (Keimbahn, Keimbläschen), des ‚Stamms’ (Stammbaum, Stammzellen, abstammen u.ä.) sowie die des ‚Eis’ (Eier, Eizellen, Eireifung, etc.) traten weit über einhundert Mal auf.
[4] Zum Beispiel Berg oder Nebel als konkret umrissen konzipierte ‚Gegenstände‘.
[5] In dem Material, das Döring analysierte, nämlich Artikel zum menschlichen Genom in mehreren deutschen ‚Qualitätszeitungen’, tauchte ebenfalls die Metapher der ‚Heiligen Schrift’ auf, die das Genom meinte, wurde allerdings stets kritisch betrachtet oder skeptisch als Zitat angeführt (Döring 2005: 317-336).
[6] Hervorhebungen durch Bock von Wülfingen.
[7] Hervorhebung durch Bock von Wülfingen.
[8] Bekannt war lediglich, dass zwei Nukleinsäuretypen, benannt DNA und RNA, in den Zellen vorkommen, nicht jedoch in welchem Verhältnis sie zueinander und den restlichen Zellinhalten stehen.
[9] Bedingt wurde dies auch kurz zuvor durch den Beitrag von Max Planck, so Blumenberg (1983:373). Die zu der Zeit zunehmenden Erkenntnisse über direkte Wirkungen von Nukleinsäuren dürften zur schließlich raschen Verbreitung der Schriftmetapher beigetragen haben. Im selben Jahr des Vortrags von Schrödinger erschien ein erster Artikel über beobachtbare Veränderungen an einer Zelle, der zellfremde Nukleinsäuren zugeführt worden waren (Avery et al. 1944).
[10] Hervorhebung durch Bock von Wülfingen.
[11] Ähnlich dieser Bacon’schen Verwendung der Bibel als Buch der Natur spricht der Autor des „The selfish gene“, Richard Dawkins in einem anderen Band von dem vererbten Genmaterial als einer „Familien-Bibel“ (Dawkins 1995:39).
[12] Hervorhebung im Original, denn es handelt sich um ein Zitat des Zoologen W. E. Ankel (1980: Dankrede nach Verleihung der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt am 29. April 1980. In: Natur und Museum:279).
[13] Hervorhebung durch Bock von Wülfingen.